Zwischen Instinkt und Vernunft
ist jedes Handeln - privat wie geschäftlich -
Ethik unterworfen

K5 - Information 4 l 2022

Mit der Milch der Wahrheit wird boshaft Gips angerührt, ein Bild von Meister Eckhart.
Das ist eine Geisel unserer Zeit. Hier werden wir verwirrt und entzweit.
 
Gips ist eine mehlartige Substanz. Wird sie mit der Milch  vermischt, so erhärtet sie. Genau das ist der Vergleichspunkt in dem obigen Wort von der Milch  der Wahrheit, die hart und starr geworden ist wie ein Stein, weil sie von Lügnern und Fälschern boshaft mit ihrem Gips – ihren Irrtümern und Lügen – vermischt worden ist.
Auf diese Geisel unserer Zeit gehen wir näher ein.

Sowohl als auch


„In dieser Welt gibt es Gutes und Böses. Ihr Gutes ist nicht nur gut; und ihr Böses ist nicht nur böse.“  Dieser Spruch von Meister Eckhart zeigt Scharfsinn, ein gesundes unabhängiges Urteilsvermögen und die Fähigkeit, hinter dem oder unter dem, was etwas zu sein scheint, das zu erkennen, was es ist. Daraus ergab sich ihm die Erkenntnis, dass auch Gutes böse sein kann; nämlich dann, wenn es missbraucht wird, und umgekehrt, dass auch Böses gut sein kann, nämlich dann, wenn es helfen kann, Wahres als wahr zu erkennen.

Wenn wir diese Einsicht von Meister Eckhart anwenden auf unsere gegenwärtige Lage, dann sehen wir, dass die Schlagzeilen in unserer Zeit wahrlich schwere Kost sind.

Sie erschlagen einen manchmal mit ihren düsteren Botschaften. Vor allem in den  sogenannten „sozialen“ Medien zieht einen die Negativspirale in die Tiefen der schlechten Aussicht. Negative Nachrichten, das wissen wir aus der Forschung, aber auch aus zweifelhafter medialer Praxis, erzeugen mehr Aufsehen als gute. Only bad news are good news, lautet ein Spruch in der Branche, wonach sich Horrormeldungen besser verkaufen.

Es herrscht kein Mangel an schrecklichen Informationen: Krieg, Hunger, Dürre, Energie, Teuerung, Asyl, Inflation, Pandemie, Korruption, Fake-News, Radikalismus, Burn-out. Um nur die gängigsten aufzuzählen.

Aber es gibt auch Positives. Wir denken nur nicht besonders viel darüber nach. Weil wir es für selbstverständlich halten. Oder weil wir es ganz einfach nicht wissen – oder nicht wissen wollen. Dabei geht es nicht um das Relativieren oder gar Verharmlosen schlechter Zustände. Es geht ganz einfach um die Tatsache, dass nicht alles schlecht ist auf dieser Welt.

Ein Beispiel: In den letzten 20 Jahren hat sich laut einer Studie der Weltbank die Zahl der Menschen in extremer Armut von 1,9 Milliarden auf 750 Millionen mehr als halbiert. Das sind noch immer viel zu viele. Aber man sieht, dass Hilfsprogramme wirken können, dass nicht alles vergeblich ist.
Uns in Europa geht es insgesamt vergleichsweise gut. Die Verwaltung funktioniert, damit die soziale und medizinische Absicherung, die Hilfen sind hoch, wir haben Vollbeschäftigung, die Teuerung trifft uns, aber wird abgefedert, der Kampf gegen den Klimawandel ist aufgenommen, das Bildungssystem ist auf  hohem Niveau, das Wasser ist sauber, die Städte und Dörfer sind  schön, die Landschaft ist gepflegt und grün, die Menschen sind hilfsbereit, aus allen Poren atmet Kultur, wir leben in Freiheit und Sicherheit.
All das Gute ist immer wieder in Gefahr. Wenn wir es sehen und uns darum kümmern, ist es besser geschützt, als wenn wir uns permanent vor dem Verlust fürchten.